Der Zahn der Zeit nagt manchmal süß

Sie werden sich sicher fragen, warum ich Ihnen heute einen Zahnarzt mit Zuckerwatte als zweite Karte in unserer “Erfinder-Serie”schicke. Nun, zum einen ganz profan, um uns in Erinnerung zu halten. Zum anderen aber denke ich, dass sich in verrückten Zeiten wie den unseren ein Blick zurück in die Geschichte lohnt. Er ist nötig um die Perspektiven gerade zu rücken, um das eigene Tun zu reflektieren und um Verknüpfungen zu finden, die sich erst auf den zweiten und dritten Blick erschließen. So lassen sich Zusammenhänge herstellen und Lösungsansätze für die Aufgaben von Heute und die Herausforderungen von Morgen ableiten.
Mit dem Blick zurück meine ich kein Bad in der gefühlt guten alten Zeit, sondern vielmehr die Erkenntnis, dass früher die Dinge mindestens genau so verrückt waren wie heute. Hand aufs Herz: könnten Sie sich gerade eben vorstellen auf einem Zahnarztstuhl Platz zu nehmen? 1897. In Nashville,
Tennessee? Vielleicht hätten Sie das aber tatsächlich getan, und das auch noch bei dem ehrwürdigen Doktor William Morrison. Vermutlich aber nicht wegen dessen – nicht überlieferten – Fähigkeiten mit Bohrern und Zangen umzugehen, sondern wegen seiner Erfindung. Der gute Herr Doktor beglückte die Welt in Kooperation mit dem Konditor John C. Wharton mit der rotierenden Kupferschüssel, deren Anblick Kinderherzen (und nicht nur die) bis heute auf jedem Rummel höherschlagen lässt. Mit seiner elektrischen Zuckerwatte-Maschine revolutionierte er die Zuckerwaren-Industrie und füllte nebenbei seinen Geldbeutel. Auf der St. Louis World’s Fair 1904 verkaufte er inflationsbereinigt nach heutiger Währung für sage und schreibe 559 Tausend Dollar Zuckerwatte. Von den daraufhin nötigen Zahnbehandlungen seiner Kundschaft mal zu schweigen.

Doch wollen wir dem Dentisten nun tatsächlich eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme im eigenen Sinne vorwerfen, so im Stile der Internet-Abmahnanwälte – oder war er einfach nur ein Zuckerfan mit Geschäftssinn? Diese Frage beantwortet uns die Geschichte zwar nicht, aber sie zeigt uns, dass sich scheinbar wiedersprechende Geschäftsfelder schon immer gut ergänzt haben. So wie sich so manche offensichtlich gegensätzliche Skills zu genau der perfekten Mischung ergänzen, die für eine
bestimmte Aufgabe nötig sind. Jedoch ohne Risiken und Neben-
wirkungen wie Karies und Parodontitis.

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